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Situation von Geflüchteten aus der Ukraine in den Nachbarländern

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem zweiten Weltkrieg ausgelöst. Im krassen Gegensatz zu den repressiven und auf Abwehr ausgerichteten Maßnahmen der EU-Länder, mit denen Geflüchtete aus anderen Ländern konfrontiert sind, herrscht bei Geflüchteten aus der Ukraine große Einigkeit in der EU: Sie sollen schnell und unbürokratisch aufgenommen werden.

Dafür wurde Anfang März 2022 erstmals in der Geschichte der EU die Richtlinie zum vorübergehenden Schutz aktiviert. Ukrainische Geflüchtete – und unter bestimmten Voraussetzungen auch Drittstaatsangehörige, die sich in der Ukraine aufgehalten haben – erhalten in einem EU-Land ihrer Wahl auf Antrag eine Aufenthaltserlaubnis, können arbeiten und Sozialleistungen beziehen.

So frei die Geflüchteten bei der Wahl des Landes sind, in dem sie den vorübergehenden Schutz beantragen, so eingeschränkt sind die Möglichkeiten, in andere EU-Länder umzuziehen, wenn der vorübergehende Schutz bereits gewährt wurde. Zwar sind Abschiebungen von einem EU-Land in ein anderes nicht vorgesehen. Aber die mit dem vorübergehenden Schutz verbundenen Rechte sollen nur in dem Land geltend gemacht werden können, das den Schutz erteilt hat.

Diese Regelungen treffen in der Praxis auf sehr dynamische Fluchtbewegungen: Die meisten Geflüchteten sind zunächst in die Nachbarländer der Ukraine geflohen, viele haben dort einen Antrag auf vorübergehenden Schutz gestellt. Immer mehr entschließen sich zu einer zumindest temporären Rückkehr in die Ukraine, viele fliehen weiter in andere EU-Länder. Die konkreten Lebensbedingungen für Geflüchtete aus der Ukraine in den einzelnen EU-Ländern unterscheiden sich dabei teils erheblich.

PRO ASYL und Bordermonitoring.eu wollen daher den Blick auf die Situation von Geflüchteten aus der Ukraine in den Nachbarländern der Ukraine richten. Im Rahmen eines gemeinsamen Monitoring-Projekts wollen wir die Situation in Polen, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und dem Nicht-EU-Land Moldau dokumentieren.

Wie funktionieren Einreise, Registrierung und die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen in diesen Ländern? Wie sind Geflüchtete aus der Ukraine dort untergebracht? Haben sie in der Praxis Zugang zum Arbeitsmarkt? Wie steht es um Sozialleistungen, die Gesundheitsversorgung und den Zugang zu Bildung?

Um Antworten auf diese und weitere Fragen zu finden, werden wir in den nächsten Monaten mehrere Recherchereisen in diese fünf Nachbarländer der Ukraine unternehmen und die verfügbaren Quellen auswerten. Die Ergebnisse unserer Recherchen werden fortlaufend auf einem Blog veröffentlicht. Ausführliche Länderberichte werden zudem auf der Website von PRO ASYL zu finden sein.

Transit in Budapest, Weiterreise nach Deutschland und Grenzkontrollen Frankfurt/Oder

von Marc Speer (bordermonitoring.eu, @bm0eu) und Tobias Klaus (terre des hommes, @tdh_de)

Am Bahnfof Nyugati, einem der drei großen Budapester Bahnhöfe, aus dem die Züge Richtung Osten ankommen, kommt etwa alle ein bis zwei Stunden ein Zug aus Zahony, dem Grenzbahnhof zur Ukraine, an. In jedem dieser Züge befinden sich aktuell 200 bis 500 Geflüchtete aus der Ukraine (Stand: 3. März 2022). Mindestens die Hälfte der Geflüchteten sind ausländische Studierende – etwa aus Indien, Marokko und Nigeria.

In einer Nebenhalle verteilen Ehrenamliche Lebensmittel und Getränke. Privatpersonen bieten auf Schildern Unterkünfte, Internet-Hotspots und Transport an.

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Erste Eindrücke aus Ungarn

In Ungarn führte der Angriff Russlands auf die Ukraine zu einer radikalen Kehrtwende im Umgang mit Geflüchteten. War das Land bis vor Kurzem noch europäischer Vorreiter in Sachen Anti-Flüchtlingspolitik, stellt sich die Situation seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine vollkommen anders da. Überraschend ist dabei auch, dass Ungarn nicht nur ukrainische Staatsangehörige (die seit 2017 ohne Visum in die EU einreisen können) problemlos einreisen lässt, sondern auch Studierende aus Drittstaaten, die in den letzten Tagen zu Tausenden aus der Ukraine flüchteten. Diese berichten, dass der Grenzübertritt nach Ungarn für sie deutlich einfacher möglich sei, als für ihre Freund*innen, die über Polen auszureisen versuchten .

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