von Marc Speer (bordermonitoring.eu, @bm0eu) und Tobias Klaus (terre des hommes, @tdh_de)
Direkt hinter der ukrainischen Kleinstadt Uschhorod, in welcher etwa 100.000 Menschen leben, befindet sich der Grenzübergang Vyšné Nemecké. Aus der Ukraine flüchtende Menschen können die Grenze hier auch zu Fuß überqueren. Bei unserem Besuch am Mittwoch, den 2. März zeigte sich, dass hier sowohl ausländische Studierende, als auch ukrainische Frauen, viele davon mit Kindern, die Grenze überqueren.
Direkt am Grenzübergang hat sich zwischenzeitlich eine beeindruckende humanitäre Infrastruktur herausgebildet. Diese wurde errichtet von Bewohner*innen des angrenzenden kleinen Dorfes, NGOs und Freiwilligen aus der Slowakei und ganz Europa. Alle nur erdenklichen Hilfsgüter, wie warmes Essen, Klamotten, Babynahrung und ähnliches scheinen gegenwärtig absolut ausreichend vorhanden zu sein.
In Vyšné Nemecké halten sich Geflüchtete gegenwärtig in aller Regel nur sehr kurz auf, da ausreichend von der slowakischen Regierung bereit gestellte Busse zur Verfügung stehen. Diese fahren nach Košice und Bratislava. Wie uns berichtet wurde, ist von diese Städten auch eine kostenfreie Weiterreise mit dem Zug, etwa nach Wien, möglich.
Hinzu kommen etliche von Privatpersonen und von solidarischen Unterstützungsstrukturen aus ganz Europa direkt an der Grenze offerierte Weiterreiseangebote.
Erschütternd ist, dass gegenwärtig viele Familien aus der gesamten Ukraine in Privatautos an die Grenze fahren. Die Familienväter müssen jedoch in der Ukraine bleiben, da ihnen die Ausreise aus der Ukraine nicht gestattet ist. Sie bleiben mit ihren Autos zurück.
Wir sprachen mit einer jungen Frau, die gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder von ihrem Vater aus dem umkämpften Charkiw an die Grenze gebracht wurde. Die Fahrt dauerte über zwei Tage und war auch aufgrund etlicher Straßensperren alles andere als leicht.
Was die Entscheidung für ein Auseinanderreißen der Familie in solch einer Situation tatsächlich bedeutet, können wir sicherlich nur erahnen und lediglich hoffen, dass wir in unserem Leben niemals vor eine solche Entscheidung gestellt werden.
Gänzlich anders als in Vyšné Nemecké stellt sich aktuell die Situation am 40 Kilometer weiter nördlich gelegenen, wesentlich kleineren Grenzübergang bei Ubl‘a dar.
Slowakische Polizei und slowakisches Militär sorgen hier dafür, dass ein Besuch des Grenzübergangs faktisch unmöglich ist. Aber auch in dem Ort Ubl‘a, der etwa drei Kilometer vom Grenzübergang entfernt liegt, hat sich mittlerweile eine beeindruckende humanitäre Infrastruktur herausgebildet.
Diese ist bisher weitaus mehr von lokalen Unterstützungsstrukturen geprägt, als dies am wesentlich größeren Grenzübergang in Vyšné Nemecké der Fall ist.
Vom Grenzübergang werden Geflüchtete, die die Grenze zu Fuß überqueren, in Kleinbussen nach Ubl‘a gebracht.
Laut unseren Informationen ist an diesem Grenzübergang auch eine Ausreise im Auto möglich, wobei wir jedoch den Eindruck hatten, dass nur sehr wenige beziehungsweise keine Autos aus der Ukraine die Grenze an diesem Grenzübergang passieren.
Wenn überhaupt, dann würden wir solidarischen Transportnetzwerken am ehesten Aktivitäten in Ubl‘a empfehlen.