Am 4. September 2015 liefen Tausende Geflüchtete auf der Autobahn von Budapest in Richtung Wien, was als March of Hope in die Geschichte einging und ein zentrales Ereignis im Sommer der Migration war. In den letzten zwei Wochen haben wir in täglichen Posts auf bluesky, die nun auch an dieser Stelle dokumentiert werden, noch einmal zurückgeblickt.
Geschichte des #marchofhope #11:
Die Nachricht vom in Bicske gestoppten Zug verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Am Mittag des 4. September 2015 startete daraufhin der #marchofhope. Dieser kurze Film beschreibt die Ereignisse besser als tausend Worte:
Wie dieses um 20:00 Uhr aufgenommene Video zeigt, blieben jedoch Tausende Geflüchtete am Bahnhof:
Kurz nach Mitternacht kamen plötzlich mehr als 60 Busse wie aus dem Nichts am Bahnhof an:
Nur wenige Stunden später war der Bahnhof so gut wie leer:
In einem Artikel fassten wir die Ereignisse in Budapest wenig später noch einmal zusammen. In dieser Veröffentlichung verwendeten wir erstmals den Begriff „Sommer der Migration”, der inzwischen Teil der Alltagssprache ist.
Geschichte des #marchofhope #10:
Am 3. September 2015 wurde der Budapester Bahnhof Keleti plötzlich wieder für Geflüchtete geöffnet. Allerdings war der internationale Zugverkehr ausgesetzt worden.
Daraufhin entschieden sich mehrere Hundert Geflüchtete dazu, einen Inlandszug nach Sopron (also an die Grenze zu Österreich) zu besteigen. Groteskerweise wurde auf diesem an das Paneuropäische Picknick 25 Jahre zuvor erinnert, das den Fall der Berliner Mauer einleitete.
Kurz hinter Budapest wurde der Zug jedoch in Bicske gestoppt und die Polizei versuchte, die Insassen mit Bussen in ein nahe gelegenes Flüchtlingslager zu bringen. Dies verweigerten sie jedoch kollektiv. Über 30 Stunden stand der Zug am Bahnsteig umringt von Polizei.
Geschichte des #marchofhope #9:
Am 2. September 2015 verschärfen sich die Proteste am Budapester Bahnhof Keleti. Der Frust steigt, es kommt zu Straßenblockaden. Von der Polizei kommt die Durchsage, dass die festsitzenden Geflüchteten in Lager gebracht werden sollen.
Geschichte des #marchofhope #8:
Nachdem am Tag zuvor viele Geflüchtete den Budapester Bahnhof Keleti ungehindert in mehreren Zügen in Richtung Österreich und Deutschland verlassen konnten, wurde der Bahnhof am 1. September 2015 komplett gesperrt.
Und dies trotz der Tatsache, dass sich viele Menschen ein Zugticket für diesen beziehungsweise einen der kommenden Tage gekauft hatten. Denn die am 31.8.2015 abfahrenden Züge waren schnell ausverkauft und die Menschen wurden in dem Glauben gelassen, auch in den folgenden Tagen ausreisen zu dürfen.
Dies verschärfte den Unmut noch weiter und vor dem Bahnhof kam es verstärkt zu Protestaktionen.
Am Bahnhof hingen weiterhin Tausende Menschen fest:
Geschichte des #marchofhope #7:
Heute vor genau zehn Jahren wurde der Bahnhof Keleti, vor dem Tausende Geflüchtete festsaßen, kurzzeitig geöffnet. In einem Live-Interview mit dem ORF gingen wir am Abend näher auf Geschehnisse des Tages ein.
Wie dramatisch die Situation war, wird auch in einem Text und einem Video deutlich, die wir am selben Tag veröffentlichten:
Geschichte des #marchofhope #6:
Am 27. August 2015 fand die österreichische Polizei in einem LKW 71 Leichen, darunter vier Kinder. Wir veröffentlichten damals einen Kommentar, der aus heutiger Sicht geradezu hellseherisch war.
Geschichte des #marchofhope #5:
Genau heute vor zehn Jahren veröffentlichte das BAMF diesen kryptisch anmutenden Tweet:
Dem vorausgegangen war eine interne Weisung des BAMF vom 21. August 2015, die vorsah, von Überstellungen syrischer Geflüchteter im Rahmen des Dublin-Verfahrens vorläufig abzusehen.
Der SPIEGEL (39/2015) schrieb dazu: „Die Regierungsdirektorin Angelika Wenzl verfasst ein folgenreiches Papier, es trägt das Aktenzeichen 411-93605/Syrien/2015. Für Flüchtlinge aus Syrien, steht darin, solle das aufwendige Dublin-Verfahren ausgesetzt werden:
Wer es aus dem Bürgerkriegsland bis nach Deutschland schafft, wird nicht mehr weggeschickt, auch wenn eigentlich ein anderes EU-Land zuständig sein sollte. Für die Öffentlichkeit ist der Vermerk nicht gedacht, er soll lediglich die Bürokratie entlasten“.
Diese Information verbreitete sich jedoch auch rasend schnell in Facebook-Gruppen, die von syrischen Geflüchteten auf der Flucht genutzt wurden. Noch einmal aus dem SPIEGEL-Artikel:
„Das ist aber kein sozusagen rechtlich bindender Akt, keine Vorgabe, keine Aussetzung von Dublin, vielmehr ist es eine Leitlinie, eine Richtlinie für die Verwaltungspraxis“, stammelt Thomas de Maizières Sprecher vor Journalisten. Doch da hat sich die Botschaft längst in der ganzen Welt verbreitet“.
Geschichte des #marchofhope #4:
Die im Frühjahr/Sommer 2015 in der Grenzregion aufgegriffenen Geflüchteten wurden dort in der Regel nur kurz bis zu Registrierung bzw. der Abnahme der Fingerabdrücke festgehalten. Oft jedoch unter erschreckenden Bedingungen.
Nach ihrer Entlassung erhielten sie ein Dokument, das sie aufforderte, innerhalb von drei Tagen eine Aufnahmeeinrichtung aufzusuchen und zugleich als Fahrkarte diente.
Allerdings gab es in diesen insgesamt nicht einmal 2.500 Plätze – bei 61.000 Asylanträgen allein bis Ende Juni 2015.
Auch aus diesem Grund entschieden sich die Allermeisten dazu, nach Budapest zu fahren und von dort aus zu versuchen, weiter nach Westen zu kommen. Auf Grund intensiver Kontrollen in den internationalen Zügen war dies jedoch oft nur mit Schleusern möglich, die in Budapest zunehmend offen agierten.
Seit Anfang Juni 2015 war die Umgebung des Budapester Bahnhofs Keleti mehr und mehr von festsitzenden Migrierenden geprägt. Hier ein Video vom 24. August 2015.
Geschichte des #marchofhope #3:
Im 2. Quartal 2015 änderte sich das Verhältnis der verschiedenen Gruppen von Asylsuchenden in Ungarn radikal: 40 % der Asylantragsteller (gesamt: 32.675) kamen nun aus Afghanistan, 25 % aus Syrien; aus dem Kosovo kam fast niemand mehr.
Nach Ungarn gelangten fast alle über Griechenland, Mazedonien und Serbien. Viele Geflüchtete waren zu Fuß entlang der Bahngleise unterwegs. Dabei kam es im April zu einem tragischen Unglück, bei dem 14 Menschen ihr Leben verloren.
Geschichte des #marchofhope #2:
Viktor Orbán griff die steigenden Asylzahlen dankbar auf und begann im Frühjahr 2015 mit öffentlicher Hetze gegen Migrant:innen. Getrieben wurde er dabei von der rechtsradikalen Partei Jobbik, die der Orbán-Partei Fidesz zunehmend Konkurrenz machte.
Parallel dazu kamen erste Überlegungen auf, an der Grenze zu Serbien einen Zaun zu errichten. Bezeichnenderweise wurde diese Forderung zuerst von László Toroczkai erhoben, also dem rechtsradikalen Bürgermeister eines Grenzdorfs, der für Jobbik angetreten war.
Geschichte des #marchofhope #1:
Bereits seit Ende 2014 waren die Asylantragszahlen in Ungarn massiv gestiegen. Vor allem Kosovar:innen kamen damals über die Grüne Grenze nach Ungarn. Ursächlich dafür war, dass Serbien die visumfreie Einreise ermöglicht hatte.