OVG Niedersachsen entscheidet gegen Abschiebung nach Bulgarien

Am 29.01.2018 stellte das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in einem Urteil fest:

1. Es ist mit Art. 3 EMRK unvereinbar, wenn sich ein Asylbewerber, der von staatlicher Unterstützung vollständig abhängig ist und sich in einer gravierenden Mangel- oder Notsituation befindet, staatlicher Gleichgültigkeit ausgesetzt sieht.

2. Eine solche Mangelsituation, der der bulgarische Staat nicht mit geeigneten Maßnahmen begegnet, droht anerkannten Schutzberechtigten bei einer Rücküberstellung nach Bulgarien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.

In der Entscheidung greift das Gericht die Punkte Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit und Verelendung auf. Anerkannte Schutzberechtigte hätten „in der Regel faktisch keinen Zugang zu Wohnraum“ und „zudem große Schwierigkeiten, eine Arbeitsstelle zu erlangen, um die für Wohnraum und den übrigen Lebensbedarf benötigten Mittel zu erwirtschaften“. Dies führe zur „Gefahr der Verelendung, da auch kein Zugang zu Sozialhilfe besteht.“

Nicht nur von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen, sondern auch von der Europäischen Kommission war jüngst massive Kritik an den Zuständen geäußert worden. Weiterhin verurteilte der EGMR Bulgarien am 7.12. 2017 wegen eines Verstoßes gegen Artikel 3 (Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung) aufgrund der Haftbedingungen, denen eine irakische Familie mit drei Kindern im Jahr 2015 ausgesetzt war.

In Zukunft werden wir relevante Gerichtsentscheidungen, NGO-Berichte und Presseartikel auch in unsere Recherche-Datenbank einpflegen, die sich bisher ausschließlich auf Ungarn bezieht.